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Stellungnahme von Förderverein und NABU zu öffentlichen Vorwürfen von Landwirten

Am 11.04.2019 wurden bei einem Ortstermin der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast in der Bückeburger Niederung von Seiten einiger Landwirte unhaltbare Vorwürfe gegenüber den dort vollzogenen Naturschutzmaßnahmen geäußert.

Bericht aus der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung vom 12.04.2019

Dazu nehmen der Förderverein sowie der NABU Bückeburg wie folgt Stellung:

Mit Befremden und Entrüstung haben die Naturschutzverbände NaBu Bückeburg und der Förderverein Bückeburger Niederung auf die öffentlich getätigten Aussagen zweier Landwirten zur Bückeburger Niederung vom 11.04.2019 reagiert. Nach Meinung der Verbände zeigen diese beiden ein erschreckendes Maß an Unverständnis für Naturschutzmaßnahmen. Auch die Bezeichnung „Regenrückhaltebecken“ soll dabei suggerieren, dass es sich um ein rein technisches Bauwerk handelt. Damit ist offensichtlich die Maßnahme im Bereich „Mittleres Bruch“ gemeint, die durch Gelder des Landes Niedersachsen finanziert wurde und zwar aus dem Fließgewässerprogramm. Die auf Landesebene zuständige Naturschutzbehörde hat dieses Projekt begleitet, geprüft und bewilligt. Ziel ist es, die Bückeburger Aue in einen natürlichen Zustand zu versetzen, ein Gebot, das sich aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ergibt und auch für Deutschland bindend ist. Eine alleinige Renaturierung des Flusses selbst würde nicht ausreichen, es muss immer auch der Auenbereich mit einbezogen werden. Damit wird u.a. erreicht, dass die übermäßigen Nährstoffeinträge, die ein großes Problem für die Bückeburger Aue darstellen, reduziert werden.

Die Verbände betonen, dass es sich gerade bei dem Projekt „Mittleres Bruch“ westlich der Bückeburger Aue um eine Maßnahme mit Vorbildcharakter handelt, die Hochwasser- und Naturschutz in erfreulicher Weise verbindet. Jeder Besucher der Niederung kann sich überzeugen, dass das Mittlere Bruch viel mehr als ein „Regenrückhaltebecken“ ist. Am dortigen Beobachtungsstand lassen sich seltene Vögel beobachten, die sonst bestenfalls am Steinhuder Meer festzustellen sind. Die seit 2010 rasant angestiegene Zahl an Storchenbruten im Raum Bückeburg ist nur durch die Anlage von Blänken und die anderen Naturschutzmaßnahmen insbesondere auch im Mittleren Bruch zu erklären: Störche brauchen zur Jungenaufzucht Frösche oder Großinsekten, die es in intensiv genutzten Wiesen nicht gibt. Nach Aussagen der Verbände brüten zudem im Mittleren Bruch inzwischen bei günstigem, das heißt: hohem Wasserstand in der ersten Jahreshälfte viele vom Aussterben bedrohte und stark gefährdete Arten wie die Bekassine, die Knäkente, das Tüpfelsumpfhuhn und viele mehr. Auf den angrenzenden, konventionell bewirtschafteten Flächen haben diese Arten keine Lebensmöglichkeiten.

Diese über viele Jahre dokumentierten Entwicklungen belegen die Notwendigkeit einer schonenden Bewirtschaftung, die nur auf den Flächen erfolgt, die im Besitz der öffentlichen Hand und des Fördervereins Bückeburger Niederung sind. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Grünland der Bückeburger Niederung zu den größten noch zusammenhängenden Grünlandbereichen der Lössbörden Niedersachsens gehört. Durch die bereits erfolgten Schutzmaßnahmen hat das Gebiet inzwischen nicht nur landesweite, sondern sogar nationale Bedeutung. Diese Maßnahmen sind in keinster Weise „willkürlich“ durchgeführt worden, sondern basieren auf einem Pflege- und Entwicklungsplan aus dem Jahr 1995 sowie einer Konzeption des Landkreises, und wurden immer auch mit den unterschiedlichen Nutzern abgestimmt. Herr Dehne als Vertreter der Landwirte bzw. der Organisation IGEL ist also genauso informiert worden über Pläne des Landkreises oder der Stadt Bückeburg und des NABU wie alle anderen Nutzergruppen. Auch die regelmäßig durchgeführten Gewässerschauen (zuletzt im Oktober 2018) dienten der Information und des Austausches über bereits erfolgte und geplante Maßnahmen.

Die Erweiterung des Naturschutzgebietes ist demzufolge eine konsequente Weiterführung eines Konzeptes, das zu großer Artenvielfalt von seltenen brütenden und rastenden Vögeln, zur Wiederansiedlung des vom Aussterben bedrohten Laubfroschs und nicht zuletzt zu einem Naherholungsgebiet geführt hat, das von vielen Bückeburgern und auswärtigen Besuchern genutzt wird. Die Erweiterung würde vor zunehmender Übernutzung der Grünlandflächen schützen, denn nur dann können wir dieses wertvolle Gebiet erhalten.

Sachlich falsch ist nach Aussagen der Verbände die Behauptung, bei Überflutung des Mittleren Bruchs würde Wasser auf die angrenzenden Fläche gedrückt und würden diese dadurch überflutet. Aufzeichnungen der letzten 20 Jahre belegen, dass schon immer nach längeren Regenperioden viel Wasser auf diesen Wiesen stand, da diese sehr tief liegen und der Abfluss deshalb schwierig ist.

Bemerkenswert ist auch, dass die Klage vor allem von einem Landwirt kommt, der selbst überhaupt keine Flächen im Mittleren Bruch hat, der aber andererseits von den Naturschutzbemühungen durchaus profitiert: Große Flächen im bereits existierenden Naturschutzgebiet wie auch auf anderen naturschutzwürdigen Flächen hat dieser Landwirt von der Stadt und dem Landkreis für einen Pachtzins von 0 Euro gepachtet und kann sie, wenn auch nur extensiv, nutzen. Dagegen ist die Situation für die Landwirte, die die Flächen im Mittleren Bruch – ebenfalls für einen Pachtzins von 0 Euro – gepachtet haben, durch hohe Wasserstände auch nicht einfach, aber sie zeigen Verständnis für die Notwendigkeit der Naturschutzmaßnahmen auf diesen Flächen. Nach Ansicht der Naturschutzverbände ist die Kooperation mit Landwirten tatsächlich von großer Bedeutung, doch sollte sich die öffentliche Hand noch mehr bei der Pachtvergabe auf Kooperation mit solchen, dem Naturschutz aufgeschlossenen Landwirten konzentrieren.

Dem Kreislandwirt Dieter Wilharm-Lohmann empfehlen die Verbände, nicht durch einseitige Darstellung das Image der Landwirte als naturschutzfeindliche Gruppe zu bestärken, sondern vielmehr vermittelnd zu wirken und auch die dem Naturschutz aufgeschlosseneren Landwirte zu vertreten. Seine Aussage, das bisherige kleine Naturschutzgebiet würde ausreichen, zeugen von grundlegend fehlenden Fachkenntnissen über die ökologische Bedeutung des Gebietes.

Bemühungen der Landwirte, ihr Image durch Anlage von Blühstreifen aufzupolieren, werden durch die verachtenden Äußerungen des Herrn Dehne zu Personen, die im Naturschutz engagiert waren oder sind, leichtfertig zunichte gemacht.

Dass die Landwirtschaftsministerin durch die Landwirte offenbar nur sehr einseitig informiert wurde, zeigt ihre Schlussbemerkung, dass es ohne Landwirte keinen Klima- und Naturschutz gäbe, da „die Bauern die dafür erforderlichen Grundstücke hätten“. Offenbar wurde ihr verschwiegen, dass alle Flächen des Mittleren Bruchs wie auch die allermeisten, die für eine Erweiterung des Naturschutzgebietes erforderlich sind, gar nicht Landwirten, sondern der öffentlichen Hand gehören.

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