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Kommentar zum Maßnahmegesetzvorbereitungsgesetz (MgvG)

Die Verabschiedung des Maßnahmegesetzvorbereitungsgesetz (MgvG) durch den Deutschen Bundestag am Freitag, 31. Januar 2020, ist ein weiterer Schritt in Richtung einer ICE-Neubaustrecke von Hannover nach Bielefeld. Derzeit, Stand Februar 2020, ist nach wie vor keine Route für den Neubau festgelegt, aber auch keine der bislang Diskutierten ausgeschlossen. Eine ICE-Neubaustrecke nördlich von Bückeburg nach Porta Westfalica mit Tunnel durch den Jakobsberg, wie sie laut Staatssekretär Enak Ferlemann weiterhin geprüft wird, würde das kostbare und unersetzliche Feuchtgebiet der Bückeburger Niederung vollständig und unwiderbringlich zerstören.

Eines kann man dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eindeutig nicht nachsagen: Dass es nicht lernfähig sei und nicht planvoll und strategisch vorginge. Während der vom Mautskandal vermeintlich so gebeutelte damit die politische Schlagzeilen beherrschende Ressort-Chef Andreas Scheuer mit gequält wirkender Tom-Cruise-Attitüde in die Kameras lächelt, räumt sein Ministerium abseits  der großen Medienaufmerksamkeit mit eiskalter, gnadenloser Präzision alle Barrieren für das Großprojekt einer neuen ICE-Schnellfahrtrasse zwischen Hannover und Bielefeld aus dem Weg. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, zu verfolgen, wie das Ministerium seit dem Amtsantritt des derzeitigen Ministers im März 2018 aus den Niederlagen der Vergangenheit seine Lehren gezogen hat und aus dem Widerstand gegen das Großprojekt Schritt für Schritt eine Laokoon-Figur macht, die sinnbildlich von den Schlangen der ministeriellen Athene umschlungen, gelähmt und erstickt wird.

Schon mit dem im August 2018 vorgelegten und am 8. November 2018 von den mehrheitlich blinden und ahnungslosen Lämmern des Deutschen Bundestags beschlossenen Planungsbeschleunigungsgesetz wurde der Handstreich gegen den großen Gegenspieler aus der Auseinandersetzung um die Y-Trasse geführt: Mit einem Federstrich wurde das Bundesland Niedersachsen, damals wie heute erklärter Gegner der hypertrophen Berliner Neubautrassen-Fantasien, kaltgestellt. Jetzt hat das Bundesverkehrsministerium mit der Verabschiedung des Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz zum entscheidenden Schlag aus, um den letzten verbliebenen Kontrahenten auszuschalten, der ihm bei der Verwirklichung seiner Pläne gefährlich werden könnte: Das Bundesverwaltungsgericht. Damit zieht man an der Berliner Invalidenstraße die Konsequenz aus dem Fall Fürth, in dem das Bundesverwaltungsgericht 2017 mit der Entscheidung zur geplanten Neubautrasse durch das Knoblauchland der Bahn und dem Eisenbahnbundesamt eine krachende Niederlage bescherte. Mehr noch: Mit Hilfe des Paragraphen 11 des soeben verabschiedeten Gesetzes, der die Abänderung einer bereits als Gesetz beschlossenen Baumaßnahme per simpler Rechtsverordnung ermöglicht, verschafft sich der Bundesverkehrsminister faktisch diktatorische Vollmachten ohne jegliche Chance politischer, parlamentarischer oder juristischer Einflussnahme.

Möglicherweise orientiert man sich ja im Bundesverkehrsministerium an der Vorgehensweise des athenischen Feldherrn und Staatsmanns Perikles, der mit ganz ähnlichen gesetzgeberischen Winkelzügen seine Gegner und Kontrahenten – insbesondere den Miltiades-Sohn Kimon – deklassierte und kaltstellte. Dann allerdings sollten sich die Herren Scheuer und Ferlemann aber auch einmal dessen Ende vor Augen halten: Denn obwohl Perikles alle politischen Gegner und Konkurrenten mit seinen politischen Manövern aus dem Feld schlagen konnte, endete sein Weg nicht etwa im Triumph. Vielmehr starb er auf elende Weise in den Wirren des von ihm selbst entfesselten Peloponnesischen Kriegs an einer Seuche.

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